Rückblick 1920er Jahre

Wenn die Wiesseer Musikanten aufspielen, sind Jung und Alt begeistert und hocherfreut. Mit strahlenden Augen und weit geöffneten Ohren und Herzen wird zugehört und die große Fingerfertigkeit bewundert, die man beobachten kann. Der gut gehaltene Rhythmus ist plötzlich in den Beinen zu spüren und lässt die Fußspitzen im Takt auf und ab wippen. Unsere Musikvereinigung bereichert das gesamte Ortsgeschehen und manch einer mag sich bei einem Standkonzert zwischen Sparkasse und Gasthof zur Post fragen, wie eigentlich alles begonnen hat.

Blaskapelle Bad Wiessee 1931
Blaskapelle Bad Wiessee ca. 1931 vor Kriegerdenkmal

Gründungsmitglieder von 1927 (27 Mitglieder):

 

Erster Vorstand war Leonhard Floßmann, genannt Hartl. Er war Angestellter der Gemeinde. Er hatte bereits eine ordentlich zusammengestellte Chronik erfasst,  die aber nicht mehr aufzufinden ist. Es heißt, sie sei bei den gemeindlichen Umstrukturierungen verschwunden.

Schmied Albin war der Musikmeister der folgenden Gründungsmitgliedern:

  • Tafelmeier Peter
  • Fottner Anton
  • Wagner Toni  (Löbl)
  • Seibold Georg jun.  (gefallen)
  • Wolf Michel  (gefallen)
  • Brunner Ernst
  • Brunner Josef
  • Steiner Franz
  • Korb Valentin
  • Lackermeier Peter
  • Glasl Egid
  • Hartl Simon
  • Eggersberger Sepp  (gefallen)
  • Zehetmeier Johann  (vermisst)
  • Ableitner Georg
  • Erlacher Fanz  (Moar)
  • Erlacher Georg  (Scheur)
  • Herzinger Peter
  • Herzinger Josef
  • Kinshofer Florian
  • Karg Xaver
  • Greil Rupert  (gefallen)
  • Sauer Max
  • Stadler Alois
  • Forster Josef
  • Höss Georg  (genannt Irgl)
  • Mayr Josef

 

Dabei ist besonders zu erwähnen, dass Xaver Karg Kassenwart und Max Sauer Schriftführer waren,  und dass Alois Stadler jeden Sonntag auf der Terrasse seines Hauses in der Wihr das Trompetensolo: „Das ist der Tag des Herren“ hören ließ. Anstelle der verschwundenen Chronik des 1. Vorstands Hartl Floßmann haben wir den Bericht in der Tegernseer Zeitung abgedruckt. Soweit also der Zeitungsbericht von 1927.

Nun, im Jahr 2000 lebt von allen Gründungsmitgliedern noch Georg Höß,  der mit seinem erstaunlich guten Gedächtnis, Humor und auch seiner seltenen Gabe, frühere Begebenheiten lebendig zu schildern, die vielen Lücken, die uns die verschwundene Floßmannchronik erahnen lässt, zu füllen weiß.

Georg Höß erzählt lebendig, anschaulich und sicher, dass Albin Schmied als pensionierter Postangestellter seinen Lebensabend im Haus Seefried am Söllbach zu verbringen gedachte. Haus Seefried lag neben dem Haus Düll,  in beiden Häusern fanden die Kurgäste und Sommerfrischler ein schönes und einfaches Quartier, in der Frauen für gutes Essen sorgten.

 

 

1924

 

Nach kurzer Zeit stieß Albin Schmied auf zwei Zimmerleute, die recht musikalisch auf ihren Instrumenten zum Tanz aufspielten oder den eigenen Gesang begleiteten. Es waren Peter Tafelmeier und Anton Fottner. Man nannte sie Hiasn Peter und Hiasn Toni, weil sie mit dem Sareiter Hias in dessen Zimmerei arbeiteten, sofern es Arbeit gab.

Tafelmeier Peter
Tafelmeier Peter (Hiasn-Peter, Bassist)

1925

 

Bald gesellte sich der Hobelsberger zu Tafelmeier und Fottner und diese drei bildeten wohl das erste Wiesseer Gesangstrio.

Einsame Spitze im Liedersingen aber war und blieb seinerzeit Marta Brunner (Grieblinger), die wegen ihrer hellen klaren Stimme, ihrem gekonnten Gitarrenspiel und nicht zuletzt wegen ihrer Schönheit schon vor König Ferdinand von Bulgarien singen und musizieren durfte, als er 1923 zur Kur hier weilte und die Leute beim Sapplkeller auf der Tanzbühne ein lustiges Völkchen nannte.

 

 

1927

 

Wie man ja weiß, ist aller Anfang schwer für eine bis dato recht unwichtige Gemeinde, die gerade 5 Jahre das Prädikat „Heilbad“ vom Innenministerium verliehen bekommen hatte, die gerade 3 Jahre die Inflation mit der restlosen Geldvernichtung durchgestanden und seit einem Jahr die Kirche auf dem Wasserpointhügel fertiggestellt hatte, war dieser Anfang zweimal schwer. Zuerst wurden die musikungeübten jungen Burschen dazu angehalten, Noten zu lernen. Und sie lernten sie auch, allein zuerst und später gemeinschaftlich.

Aber die Notenkenntnis allein half nichts. Keiner hatte das Geld, sich ein Instrument zu kaufen. Es schien,  als sollte Bad Wiessee diese Hürde nicht überwinden können.

Die Not auf dem Land war immer noch groß, obwohl in den Städten, laut Ludwig Marcuse, die Kriegsgewinnler und Schieber mit ihren „Damen“ ein flottes Leben führten und die sogenannten Goldenen 20ger Jahre mit Suff und Koks (Kokain) feierten.

Aber wie heißt es doch so schön?… wenn du denkst es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her… Dieses Lichtlein, im übertragenen Sinn, war der Landwirt Egid Höß, Sperrbauer von Alt Wiessee. Wie der Irgl sagt, verkaufte er eine Kuh, stellte den Betrag der Musikvereinigung und dem Musikmeister zur Verfügung zum Kauf von 20 Instrumenten. Die Wiesseer Bauern spendeten zum Bau des Musikhauses im Jahre 1997 das Bauholz durch Lieferung eines Baumes.

 

 

1928

 

Eine Klarinette kostete seinerzeit 110,– Mark und der Irgl, der beim Hagn in Altwiessee Kühabua war und in der Woche 3 Mark (dazu Kost und Wohnung) verdiente, kann sich leicht ausrechnen wie lange er brauchte um den halben Preis der Klarinette abzubezahlen.

Da gab es viele Blasinstrumente, und den meisten Eindruck machte dem Irgl die kurze Es-Piston-Trompete mit der Flatterzunge, die den erzeugten Ton stärker vibrieren ließ und durchdringend ein brrr… hervorbrachte. Und Albin Schmied verfügte über eine unbeschreibliche Geduld, wie sie heute wohl auch der derzeitige Musikmeister James Ready besitzt.

Als aller erstes Musikstück übten die Wiesseer Musikanten, bzw. Musiker einen Choral ein: „Vom Himmel hoch da komm ich her…“

Dieses getragene Musikstück hat eine kaum zu übertreffende Stärke auf den Notenzeilen. Es waren fast lauter ganze Noten, die für Anfänger viel leichter zu spielen sind, als Halbe- und Viertelnoten. Heutzutage lässt James Ready seine Schützlinge „Freude schöner Götterbote“ spielen,  was ähnliche Gründe haben dürfte, jedenfalls noch keine Fingerkünste verlangt und außerdem noch von Beethoven stammt.

Kontakt

Musikvereinigung Bad Wiessee
1. Vorstand: Herr Korbinian Herzinger
Sterneggerstr. 9

83707 Bad Wiessee

 

Telefon:  0170 / 9026600

eMail:      info@blaskapelle-badwiessee.de